Beitrag vom 30. April 2025
Siegerentwurf für das Zukunftszentrum steht fest – So sieht die Zukunft aus
- Thema: Zukunftszentrum
- Verfasst von Redaktion

Siegerentwurf für das Zukunftszentrum in Halle (Saale) © Richter Musikowski Architekten
Ein Jahrhundertprojekt nimmt Form an: Das Zukunftszentrum für Deutsche Einheit und Europäische Transformation in Halle (Saale) wird kommen – und es wird ein architektonisches wie gesellschaftliches Ausrufezeichen setzen. Nach einem einjährigen internationalen Wettbewerb steht nun fest, wie das Gebäude am zentralen Riebeckplatz aussehen soll. Der Siegerentwurf stammt vom Berliner Architekturbüro Richter Musikowski. Mit einem kühnen, fast schwebend wirkenden Entwurf setzen die Planer auf Transparenz, Wandel und Zukunft. Doch das Zukunftszentrum ist weit mehr als nur ein spektakulärer Bau – es ist Symbol, Begegnungsstätte, Forschungszentrum und Raum für Austausch.
Vom Verkehrsknoten zum Zukunftsort
Der Riebeckplatz – bislang vor allem als funktionaler Verkehrsknoten bekannt – wird in den kommenden Jahren ein neues Gesicht bekommen. Wo heute Hochstraßen, Betonbrücken und Ampelschaltungen dominieren, soll ein neues urbanes Zentrum entstehen. Den architektonischen Mittelpunkt bildet das Zukunftszentrum, das bis 2030 auf einer Fläche von rund 14.000 Quadratmetern entstehen und etwa 200 Millionen Euro kosten wird. Der Bau wird vollständig vom Bund finanziert und gehört zu den bedeutendsten Bauvorhaben Deutschlands in diesem Jahrzehnt.
Das geplante Gebäude wird 58 bis 60 Meter hoch aufragen – etwa so hoch wie ein Plattenbau in der Neustädter „Scheibe“. Seine Form erinnert an ein elegantes, weichfallendes Kleid – eine organisch geschwungene Skulptur mit einer Fassade, die aus Glas, Stahl und integrierten Solarpanelen besteht. Die Jury sprach von einem „Marilyn-Monroe-Effekt“ – eine Assoziation, die die Leichtigkeit und Dynamik des Entwurfs unterstreichen soll.
Architektur als Statement: Offenheit, Wandel, Verbindung
Der Entwurf des Architektenduos Christoph Richter und Jan Musikowski, beide in Berlin ansässig, überzeugt durch seine konsequente Umsetzung eines offenen, einladenden Konzepts. Es gibt keinen klassischen Haupteingang. Stattdessen kann das Gebäude von allen Seiten betreten werden – ein deutliches Zeichen gegen Hierarchien und für Offenheit.
Im Inneren dominiert eine lichte, transparente Struktur. Große Treppen mit Sichtachsen verbinden die Etagen, vertikale Aufzüge führen bis in die oberste Ebene – ein öffentlich zugänglicher Dachgarten mit echten Bäumen, Sträuchern und sogar einer Rooftop-Bar. Diese „grüne Krone“ soll nicht nur ein architektonischer Blickfang, sondern auch ein sozialer Treffpunkt werden.
„Das Gebäude wird eine Landmarke für Halle und ein Symbol für gesellschaftlichen Wandel.“
Architekt Jan Musikowski
Nachhaltigkeit steht ebenfalls im Zentrum des Entwurfs: Die Glasfassade ist mit Solartechnik ausgestattet und sorgt nicht nur für Energieeffizienz, sondern auch für ein lebendiges Wechselspiel von Licht, Spiegelung und Transparenz.




Für Ministerpräsident Reiner Haseloff ist das Projekt eine „große Chance für ganz Deutschland“. Es soll ein Ort werden, an dem die Transformationsprozesse Ostdeutschlands gewürdigt und zugleich Perspektiven für die Zukunft entwickelt werden. Die Inhalte des Zentrums reichen von Rückblicken auf die Wendezeit bis zu Fragen ökologischer und gesellschaftlicher Transformation in Europa.
Oberbürgermeister Alexander Vogt bezeichnet das Projekt als „architektonischen Meilenstein“ und betont die identitätsstiftende Wirkung: „Das Zentrum wird ein Stück Halle und bringt die Stadt näher ins Herz Europas.“
Ein Zentrum für Forschung, Kultur und Austausch
Doch was genau ist das „Zukunftszentrum“? Es handelt sich um eine Initiative der Bundesregierung, um an einem Ort die Erfahrungen und Leistungen der Ostdeutschen seit der Wiedervereinigung zu würdigen, gesellschaftliche Transformationen zu reflektieren und Raum für Zukunftsfragen zu schaffen. Das Zentrum ist inhaltlich auf drei Ebenen ausgerichtet:
- Vergangenheit: Aufarbeitung und Würdigung der ostdeutschen Wendeerfahrungen
- Gegenwart: Gesellschaftliche, soziale und ökologische Transformationen
- Zukunft: Europäische Integration, Zusammenhalt und Innovation
In dem Gebäude entstehen Ausstellungsbereiche, Veranstaltungsräume, Forschungsstellen und Büros. Bis zu 200 Arbeitsplätze sind geplant. Trägerin wird die gemeinnützige Zukunftszentrum gGmbH mit Sitz in Halle.
Bürgerbeteiligung: Halle entscheidet mit
Ein wichtiger Aspekt des gesamten Prozesses war die breite Bürgerbeteiligung. Die Stimmen der Hallenserinnen und Hallenser wurden in den Planungsprozess eingebunden und spielten auch bei der Juryentscheidung eine Rolle. Für Halles Oberbürgermeister Dr. Alexander Vogt ist das Zukunftszentrum mehr als ein Bauvorhaben – es ist ein Symbol für Identität, Wandel und Stolz.
„Mit dem Zukunftszentrum schaffen wir einen Ort, an dem die Menschen ihrer Geschichte, ihrer Gegenwart und ihrer Zukunft begegnen können.“
OB Dr. Alexander Vogt
Vogt sprach auf der Pressekonferenz davon, dass der „Riebeckplatz kein Aushängeschild“ sei, sich dies aber durch das Projekt radikal ändern werde. Er lobte den Siegerentwurf als „architektonischen Meilenstein“ und als „Brücke zwischen Vergangenheit und Zukunft, Ost und West“.
Verkehrswende und Stadtumbau
Das Zukunftszentrum ist nicht isoliert zu betrachten – es ist eingebettet in eine umfassende Neugestaltung des Riebeckplatzes. Zwei große Spannbetonbrücken, die bislang den Verkehr über den Platz lenken, werden abgerissen. Diese Entscheidung fiel nicht leicht, da eine Begrünung und Umnutzung diskutiert wurde. Doch letztlich entschied man sich aus sicherheits- und statischen Gründen für den vollständigen Rückbau.
Künftig wird der Platz neu strukturiert: Der Verkehr soll neu geführt, Grünflächen und Wegebeziehungen neu angelegt werden. Eine neue Fußgängerbrücke wird entstehen und die Verbindung zwischen Bahnhof und Innenstadt stärken. Die Stadt plant einen weiteren Gestaltungswettbewerb für die Freiflächen, dessen Ergebnisse 2026 vorliegen sollen. Rund 67 Millionen Euro wollen Kommune und Land in diesen Stadtumbau investieren.
Politische Statements: Rückenwind von Bund und Land
Das Projekt genießt breite politische Unterstützung. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bezeichnete das Zentrum als „Chance für Sachsen-Anhalt und ganz Deutschland“, um Erfahrungen aus der Transformation nutzbar zu machen. Staatsminister Carsten Schneider (SPD), Ostbeauftragter der Bundesregierung, sprach von einem Ort, der „bei der Bewältigung aktueller Krisen helfen und die Demokratie stärken“ solle.
„Ein einmaliger Ort braucht eine einmalige Gestaltung – das ist gelungen.“
Carsten Schneider, Staatsminister
Auch Elisabeth Kaiser, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesbauministerium, hob die ressourcenschonende Bauweise mit nachwachsenden, regionalen Materialien hervor. Der Entwurf sei innovativ, nachhaltig und städtebaulich wegweisend.
Symbol für Transformation – und für Europa
Was in Halle entsteht, ist mehr als ein Museum, mehr als ein Forschungsinstitut. Das Zukunftszentrum ist ein gesellschaftliches Statement. Es thematisiert nicht nur die Vergangenheit, sondern will auch Zukunft gestalten – offen, demokratisch, europäisch. Der Standort Halle war bewusst gewählt worden – ein zentraler Ort in Ostdeutschland, eine Stadt im Wandel, ein Symbol für Brüche und Neuanfänge.
„Dieses Zentrum wird ein Raum, der Menschen zusammenbringt. Nicht laut, nicht monumental, sondern sensibel, verständnisvoll und offen.“
Andreas Silbersack, FDP-Fraktionschef Sachsen-Anhalt
Die Symbolkraft des Entwurfs ist nicht zu unterschätzen: Transparenz, Leichtigkeit, Öffnung nach allen Seiten. Das ist nicht nur Architektur, das ist gesellschaftliche Kommunikation in gebauter Form.
Zeitplan und Ausblick
Der Bau des Zukunftszentrums soll 2028 beginnen. Die Fertigstellung ist für 2030 geplant. Der europaweite Wettbewerb war hochkarätig besetzt: 126 Architekturbüros hatten sich beteiligt, 24 Entwürfe kamen in die Endrunde. Der Entwurf von Richter Musikowski setzte sich gegen starke Konkurrenz durch.
In den kommenden Monaten beginnt das Verhandlungsverfahren mit dem Siegerteam. Die Planung wird weiter konkretisiert, Kosten und Termine werden aktualisiert. Bereits jetzt ist klar: Das Zukunftszentrum ist ein Projekt von nationaler Bedeutung – mit Strahlkraft weit über Sachsen-Anhalt hinaus.
Halle wird Zukunftsort
Halle (Saale) steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Mit dem Zukunftszentrum entsteht nicht nur ein neues Gebäude, sondern ein Ort des Miteinanders, der Bildung, der Diskussion. Ein Ort, der Vergangenheit reflektiert und Zukunft gestaltet. Architektur wird hier zur Bühne des gesellschaftlichen Diskurses, der Riebeckplatz zur neuen Mitte der Stadt. Was lange Zeit als „hässliches Entree“ Halles galt, wird zu einem identitätsstiftenden Herzstück.
Wenn 2030 das Zukunftszentrum eröffnet, wird es nicht nur ein Blickfang sein – sondern ein Ort, an dem sich Geschichte, Gegenwart und Zukunft begegnen. Ein Symbol für Wandel, Zusammenhalt – und für eine neue Erzählung aus dem Osten Deutschlands.